Rechtsanwalt Buddeke im studienscheiss.de-Experten-Interview zum Thema "Letzte Chance Studienplatzklage: Wie sie funktioniert und was du unbedingt beachten musst"
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1) Haben Studierende, deren Zugang zum Wunschstudiengang abgelehnt wurde, immer die Möglichkeit einen Studienplatz einzuklagen? |
Ja. Grundsätzlich kann jeder abgelehnte Bewerber versuchen, die Zulassung zum Studium „einzuklagen“. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine Erstzulassung zum Studium, einen Fachwechsel oder einen Zugang zum Masterstudium handelt. |
2) Wie sollten die Studierenden dann genau vorgehen? Bitte skizzieren Sie kurz die einzelnen Schritte. |
Das ist vom konkreten Fall abhängig. In der Regel wird mit der „Studienplatzklage“ die Zulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Kapazitäten geltend gemacht. Denn die Universitäten und Hochschulen sind verpflichtet, die Ausbildungskapazitäten voll auszuschöpfen und so viele Bewerber aufzunehmen, wie es tatsächlich möglich ist. Mit der „Studienplatzklage“ wird also überprüft, ob die Kapazitäten tatsächlich voll ausgeschöpft worden sind oder es nicht doch noch „versteckte“ freie Studienplätze gibt. Diese freien Plätze entfallen dann auch auf diejenige, die den Studienplatz außerhalb der festgesetzten Kapazitäten geltend machen. Das Verfahren beginnt mit der ganz normalen Bewerbung um den Studienplatz. Dann beantragt der Bewerber, außerhalb der festgesetzten Kapazitäten zum Studium zugelassen zu werden. Wenn es bereits einen Ablehnungsbescheid gibt, kann gegebenenfalls (je nach Bundesland) Widerspruch erhoben werden. Es sollte auch ein Eilantrag an das zuständige Verwaltungsgericht gestellte werden. Denn ohne den Eilantrag würde gegebenenfalls gar nicht oder erst nach Monaten über den Antrag entschieden werden und wichtige Studieninhalte könnten verpasst werden. Da die Verfahren an Verfahrensvorschriften gebunden sind und sich je nach Uni und Bundesland unterscheiden, sollte man sich früh an einen Rechtsanwalt wenden. Der wird dann die notwendige Strategie entwickeln. |
3) In welchen Studiengängen oder bei welchen Hochschulen stehen die Chancen am besten, einen Studienplatz einzuklagen? Gibt es eindeutige Muster oder kann man das nicht so genau sagen? |
Schwierig sind die Studiengänge, bei denen sich viele Bewerber auf eine kleine Anzahl von Studienplätzen bewerben. Oft sind diese Studiengänge der einzelnen Universitäten bekannt, da es sich um sehr beleibte Studiengänge an sehr beliebten Unis handelt. Ein Studienplatz in Human- oder Tiermedizin ist regelmäßig schwer zu bekommen. Grade in diesen Studiengängen scheint oft die Studienplatzklage für viele Bewerber die einzig realistische Chance für einen Studienplatz zu sein. An welchen Hochschulen besserer Chancen bestehen, hängt vom Studienfach ab. Die Anwälte, die auf diesem Gebiet erfahren sind, kennen die schwierigen Fächer und werden den Wunsch des Bewerbers realistisch einschätzen und ihn beraten können. |
4) Wann genau kann ein Studienplatz eingeklagt werden? Gibt es dazu eine Daumenregel? |
Die Fristen sind nicht einheitlich. Sie unterscheiden sich danach, ob ein Studienplatz an einer Fachhochschule oder einer Universität begehrt wird. Auch sind sie von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich Fristen werden oft in den Schreiben der Unis im Rahmen der Bewerbung oder der Ablehnung erwähnt. Die Schreiben sind daher aufmerksam u lesen und sollten dem Anwalt überreicht werden. Auch auf den Websites der Universitäten und Fachhochschulen können Hinweise zu den Fristen stehen. Im Extremfall wird verlangt, dass der Antrag auf außerkapazitäre Zulassung bereits bis zum 15.07. gestellt wird. Teilweise ist ein Antrag bis zum 15.10. ausreichend. Als Daumenregel gilt daher: Je früher, desto besser. |
5) Was sind Ihrer Meinung nach die häufigsten Fehler bei einer Studienplatzklage, die Studierende unbedingt vermeiden sollten? |
Ganz wichtig ist das Einhalten von Fristen. Wenn Fristen grundlos versäumt werden, ist ein erfolgreiches Vorgehen nicht mehr möglich. |
6) Eine Studienplatzklage ist an sich keine günstige Angelegenheit. Mit welchen Kosten sollte man grob rechnen? |
Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, z.B. dem Verfahrensverlauf, ob es eine mündliche Verhandlung gibt, ob sich die Gegenseite auch anwaltlich vertreten lässt etc. Kosten von ca. 800 € bis 1.400 € sollten auf jeden Fall grob einkalkuliert werden. Man sollte mit dem Rechtsanwalt abklären, welche Kosten machbar sind. Auch sollte überprüft werden, ob die Kosten von einer Rechtsschutzversicherung –ggf. die der Eltern- getragen werden. Wenn das Verfahren vollumfänglich gewonnen wird, hat die Universität oder die Hochschule die Kosten zu tragen. |
7) Warum sollte man einen passenden Anwalt oder eine Anwältin zur Hilfe nehmen? Kann man die Klage nicht auch alleine durchziehen? |
Es besteht kein Anwaltszwang. Man kann also auch alleine handeln. Aber Anwälte und Anwältinnen, die sich in diesem speziellen Bereich der „Studienplatzklagen“ auskennen, wissen, welche Unterlagen einzureichen und welche Anträge zu stellen sind. Sie kennen die einzuhaltenden Fristen und können im Verfahren die Rechtslage der doch sehr komplexen Materie bewerten. Wenn es notwendig wird, werden sie die Kapazitätsberechnungen der Universitäten und Hochschulen auf mögliche Fehler prüfen. Ob man in der kurzen Zeit auch ohne Anwalt alle Möglichkeiten im Blick hat und richtige Schritte unternimmt, muss jeder Bewerber für sich selbst entscheiden. Da aber ein Jahr Wartezeit oder mehr zu befürchten sind, sollte man genau abwägen. |
8) Wann lohnt sich eine Studienplatzklage? Können Sie die Pros und Kontras kurz abwägen? |
Pro „Studienplatzklage“ spricht, dass auf diesem Weg schon viele Bewerber –auch wenn sie zuvor abgelehnt wurden- den Studienplatz erhalten haben. Wenn man den Traum vom Wunschstudium nicht aufgeben will oder nicht Jahre warten möchte, gibt die „Studienplatzklage“ die Chance, das Wunschstudium schnell anzutreten. Gegen eine „Studienplatzklage“ spricht natürlich das Kostenrisiko. Ansonsten drohen keine Nachteile, nur weil man sich einklagte. |
9) Wie geht es weiter, wenn die Studienplatzklage erfolgreich war? |
Im besten Fall wird der Bewerber sich immatrikulieren und sein Studium sofort beginnen können. |
10) Welche Risiken müssen Studierende bei einer Studienplatzklage beachten? |
Das Risiko sind die Kosten. Wenn das Verfahren verloren wird, müssen Anwalts- und Gerichtskosten getragen werden. Viele Studierende befürchten Nachteile, weil Sie sich in das Studium „geklagt“ haben. Das kann ich jedoch nicht bestätigen. Denn Universitäten und Hochschulen sind Massenbetriebe, bei denen nicht auffällt, wie jemand den Studienplatz erlangt hat. |
11) Wie lange kann so ein Klageverfahren dauern? Und mit wie viel zeitlichem Aufwand und Vorlauf sollten Studierende rechnen? |
Ich empfehle, sich früh mit dem Gedanken der Studienplatzklage zu befassen. Dann kann die richtige Strategie mit dem Rechtsanwalt besprochen und die notwendigen Unterlagen eingeholt werden. Auch die Fristen können so besser beachtet werden. Zudem wird die maßgebliche Arbeit durch den Rechtsanwalt gemacht, so dass man sich um die einzelnen Schritte nicht alleine kümmern muss. Ein normales Verfahren vor dem Verwaltungsgericht würde Monate oder Jahre dauern. Daher ist das Eilverfahren so wichtig. Denn das Eilverfahren ist in der Regel so angelegt, dass dies nur wenige Wochen dauert. Oft kann man das Studium gleich zu Semesterbeginn oder nur kurz nach Semesterbeginn antreten. veröffentlicht auf https://www.studienscheiss.de/studienplatzklage-interview/ am 17.08.2016 |